Mythen & Marketing bei Gesichtspflege

Seid ihr auch schon mal auf geniales Marketing reingefallen? Ich leider ja.
Es gibt ein paar Phrasen und Formulierungen gerade bei Gesichtspflege, die uns Konsumenten auf etwas aufmerksam machen, zum Kauf verführen sollen. Einige davon begegnen mir selbst bzw. durch eure Fragen regelmäßig und möchte meine ganz persönliche Einschätzung dazu abgeben.
Sensitiv bzw. Für sensible Haut
Ich habe in den letzten Jahren zu 100% alle Produkte mit dem Aufdruck „Sensitiv“ enttäuscht ins Regal zurückgelegt. Wenn die Marke ohnehin viele reizende Produkte im Sortiment hat, habe ich auch in der Sensibelchen-Version genauso allerlei irritierende Inhaltsstoffe entdeckt, egal ob Naturkosmetik oder konventionelle Produkte. Selbst bei sogenannten MED – Reihen sollte man aufpassen, hat hier aber schon bessere Chancen auf eine reizarme Alternative. Auch in der Apotheke sollte es vermeintlich besser aussehen: Auch hier aber lohnt sich immer ein Blick auf die Inhaltsstoffe. Für manche Haut ist nämlich schon ein zu scharfes Tensid zu viel.
Dermatologisch getestet
Steht so ziemlich auf jedem Serum, jeder Creme oder Wässerchen. Leider darf dies jede Marke tun, da es kein geschützter Begriff ist. Das bedeutet, dass es für einen dermatologischen Test keine von offizieller Stelle vorgegeben Testabläufe gibt bei einem unabhängigen Institut. Es bedeutet lediglich, dass die Marke mit einer x-beliebig großen Anzahl an Menschen dermatologische Test durchgeführt hat. Auch die Länge dieser Testperiode ist nicht festgelegt. Dies soll einfach dem Konsumenten das Gefühl von Sicherheit vermitteln durch zwei kleine Worte, hinter denen aber keine Substanz steht.
„Klinisch getestet“ und „Schadstoffgeprüft“ fallen in diese Kategorie. Diese Zusätze sind eigentlich überflüssig: Zugelassen für den Verkauf werden ohnehin nur Produkte, deren Inhaltsstoffe einzeln von offizieller Seite geprüft wurden.
Für die Haut ab XY Jahren
Hier steckt ein wenig Wahrheit dahinter, aber generell gebe ich auf solche Empfehlungen gar nichts. Ich habe aber die Erfahrung gemacht, dass Cremes ab 40 Jahren von der Textur schwerer sind, oft mit Ölen angereichert sind. Diese Creme kann dann auch gut von trockener Haut in jungen Jahren benutzt werden. Ich bin ohnehin ein Freund davon mit Wirkkosmetik der Hautalterung zuvorzukommen. Zu cremen, wenn die Falten bereits da sind, ist zu spät. Außer vielleicht ein paar feinen Trockenheitsfältchen ist da wenig nachträglich nachzuhelfen.
Aufeinander abgestimmte Pflege
Wir Verbraucher denken, dass wir den optimalen Pflegeeffekt erhalten, wenn wir die gesamte Reihe eines Produktes kaufen und anwenden. Ich kenne ein Beispiel wie dieses blinde Vertrauen nach hinten losgehen kann: In diesem Fall wurde eine vollständige Reihe mit Retinol inklusive Reinigung, Gesichtswasser, Serum und Cremes am Morgen und Abend verwendet ohne vorher Erfahrung mit Retinol gehabt zu haben. Nach nur einer Woche hatte die Nutzerin eine stark irritierte Haut und schob es auf die reizende Reihe, die nichts für sie wäre. Dabei lag es lediglich an der falschen und zu häufigen Anwendung. An Retinol muss sich die Haut gewöhnen, in kleinen Schritten. Vielleicht zunächst nur mit einem Serum alle 2 Tage und später vielleicht noch mehr.
Mein Tipp ist daher: Ja, Pflegeprodukte einer Reihe sind aufeinander abgestimmt. Nein, man muss nicht alles benutzen. Ich picke mir aus verschiedenen Marken immer die Rosinen heraus. Meine Haut ist zyklusbedingt nicht immer in der gleichen Form. Mal ist sie etwas unreiner, dann wieder rosig rein, dann wieder etwas trocken. Hört auf eure Haut. Versucht aber dennoch nicht zu viele verschiedene Produkte durcheinander zu verwenden. Im Zweifel lieber weniger als mehr benutzen.
Für mich ist dieser Slogan „Aufeinander abgestimmt“ reine PR, um den Kunden an eine Marke zu binden und mehr aus einer Reihe zu verkaufen. Ich empfehle euch eher bei einer Marke zu bleiben und lieber gezielt einzelne Produkte zu kaufen, die an eure Hautbedürfnisse angepasst sind. Wenn ihr beispielsweise seit Jahren eine gut funktionierende Reinigung oder eine gute Creme besitzt, dann spricht nichts dagegen dabei zu bleiben.
Zu 98% Inhaltsstoffe natürlichen Ursprunges
Das ist das sogenannte „Greenwashing“. Marken nutzen die Erfolgswelle von zertifizierter Naturkosmetik. Die Inhaltsstoffe dieser Produkte sind dadurch aber noch lange keine Naturkosmetik und auch nicht kontrolliert oder zertifiziert. Es soll einfach durch PR-Maßnahmen dem Unternehmen ein umweltbewusstes und verantwortungsvolles Image verpasst werden. Diese Methode wird auch Greenscamming genannt und ist auch viel in der Nahrungsmittelindustrie zu finden.
Erstverschlimmerung
Das Wort liest man besonders häufig bei der Umstellung auf Naturkosmetik: Rötungen, Unreinheiten, trockene Stellen gehören zu einer Umstellung angeblich dazu. Für mich sind solche Reaktionen schlicht und einfach eine Unverträglichkeit. Die Haut macht diese Veränderung nicht mit, sie verträgt die neuen Inhaltsstoffe nicht. Unsere Hautzellen erneuen sich ohnehin alle paar Wochen, da gibt es nichts, was man entgiften müsste (Argument Nr.1 für eine Erstverschlimmerung und 2. Haut entgiftet und atmet nicht). Trockene, juckende Stellen am Körper, Reaktionen bei Kindern und Babys, sehen wir ja schließlich auch nicht als Erstverschlimmerung, sondern als Unverträglichkeit an und setzen die Produkte ab. Die Haut rebelliert nicht ohne Grund.
Was fällt euch noch ein bzw. auf was seid ihr schon reingefallen?
Also mir fällt immer sowas ein wie : Elastizität der Haut wurde um 78% verbessert und dann steht da im Kleingedruckten, dass der Test an lediglich 12 Personen durchgeführt wurde und somit überhaupt nicht repräsentativ ist 😀 Auf solche Werbeversprechen sollte man sowieso nichts geben.
Tun aber sehr viele Konsumenten, wie oft ich das im Austausch mit Lesern höre, ist erschreckend.
Ich kenne mich leider mit Inhaltsstoffen immer noch viel zu wenig aus, versuche aber, das zu ändern.
Das aber „… getestet“ ja auch gar nichts über das Ergebnis aussagt, sondern eben nur, dass irgendein Test gemacht wurde, hat mein Opa mir schon ganz früh eingeprägt. Seitdem muss ich immer schmunzeln, wenn ich so etwas lese.
Ich finde alleine schon den Begriff ‚Naturkosmetik‘ (egal, ob jetzt zertifizierte Rohstoffe oder nicht) schwierig und teilweise irreführend. Für die Bezeichnung gibt es nämlich keinen gesetzlichen Rahmen oder Definition.
Letztlich bleibt es ja zum Glück jedem selbst überlassen, für was er sich entscheidet 🙂
Wobei wir da zum Glück auf die Siegel zurückgreifen können, immerhin 🙂
Hallo Karin,
ein paar neue Sachen waren dabei, auf ein paar bin ich selbst schon hereingefallen.
Vor allem das mit den „sensitiven“ Produkten. Sensitiv steht drauf – und dann ist doch wieder SLS/Parfüm/Alkohol/Menthol/… drin.
Bei einigen Sachen achte ich mittlerweile drauf, ob sie vom DAAB getestet wurden, da weiß ich dann, dass keine Duftstoffe oder reizenden Tenside drin sind. (Oder zumindest hoffe ich das.)
Am lustigsten fand ich neulich die Angabe auf einer Spülung: „Zu 99% natürlichen Ursprungs (inklusive Wasser).“ Klar, wenn man das Wasser dazu zählt, hat man ja gefühlt schon 90% voll. 😉
Liebe Grüße
Stimmt, da musste ich jetzt auch lachen. Hauptsache es klingt gut nach Natürlichkeit und sanften Inhaltsstoffen.
Das ist ein wirklich toller Beitrag! Freue mich, dass ich wieder was lesen kann und nicht nur Instagram, wo es manchmal einfach nur eine Überflutung an Bilder ist.
Beschäftige mich, da ich auch eine sehr empfindliche Haut habe, schon lange mit Pflege. Da durchzublicken ist wirklich schwer und irgendwie muss man total misstrauisch sein. Schaue schon lange nicht mehr darauf, was vorne drauf steht. Es ist einfach meist nichtssagend🤔.
Hab das bei Rasierern gemerkt. Hab den Gleitstreifen mit tollem Duft usw. immer Irritationsstreifen genannt und mir Einmalrasierer ohne gekauft. Will ich mir bald einen Rasierhobel kaufen, ist dann auch besser für die Umwelt.
Es ist wirklich unglaublich, wo das alles drin steckt. Leider wissen das viele Konsumenten nicht und kaufen, was sie mit Claims anspricht.
Das ist ja alles schön und gut aber deine treuen Follower warten immer noch auf dein Hautgeheimnis sprich Pflegeroutine. Wenn man bedenkt, dass sich dein Blog seit Jahren im Kern um Hautpflege dreht und du nun seit etlichen Versuchen ENDLICH deine Routine gefunden hast, bist du das deinen Lesern eigentlich schuldig. Und das soll eine ehrliche, hoffe konstruktive Kritik sein, die ich schreibe, weil es mich selber brennend interessiert. Liebe Grüsse
Es handelt sich nicht um eine Pflegeroutine oder Cremes. Diese Website ist für euch kostenlos, ohne Ansprüche oder Wünsche an euch 😉 Und seitdem ich dafür schon massiv beleidigt wurde, mehrfach hart angegangen wurde mit den kreativsten Kraftausdrücken, mag ich mir nicht vorstellen, was dann unter dem Beitrag los sein wird. Daher bin ich es eigentlich nur mir schuldig mit der Zeit einen vernünftigen Artikel zu schreiben, der einige zum Umdenken bewegen könnte. Ich überlege sogar dann die Kommentare abzuschalten (das 1. Mal in 11 Jahren IA) und auf Fragen nur per Mail zu antworten, weil ich mir das nicht antun möchte. Ich war wirklich schockiert, welche Erwartungsmentalität mittlerweile im Netz herrscht. Und der Blog hat mit Make-Up begonnen und Pflege ist keinesfalls der Kern von ihm. Es sind aber in der Tat die beliebtesten Artikel, das stimmt 🙂
Was für ein HautGEHEIMNIS? Ein Hautpflegeprogramm, was zu ihrer eigenen Haut und der aktuellen Situation (Alter, Lebenstil, Hormonstatus, etc) passt?? Was ist denn daran das Geheimnis?
Das ist absolut nicht despektierlich gemeint, ich finde es erheiternd bis erschreckend, das da so drauf gewartet zu werden scheint, was eine andere Person so benutzt, weil das doch null bis zu wenigen Prozent auf die eigene Haut (*höhö* wie doppeldeutig) angewendet werden kann???
Ich sehe aber den Bedarf und das Bedürfnis dahinter: und das scheint in Hautpflege bzw Inhaltsstoffen wohl immer noch ein Buch mit 7 Siegeln zu sehen, was schade UND das eigentliche Problem bei der ganzen Sache ist. Denn wer sich a) mit INCI etwas auskennt und b) dadurch selbst recherchiert, was wo drin ist und was somit für einen passt, der braucht keine Programme von anderen zu ‚kopieren‘, eben weil das auch nicht geht.
Ich bin mir ziemlich sicher, dass Karin wahrscheinlich gut schreiben könnte: früh setze ich auf Wirkstoff bzw Prinzip a und abends auf Wirkstoff bzw Prinzip b und ab und zu noch auf c und d und das findet man halt in den unterschiedlichsten Produkten, das ist ja nicht an ein spezielles Produkt gebunden. Aber noch einmal: selbst wenn sie das ganz genau aufdröselte: es wird wahrscheinlich nur auf einen Bruchteil der Leser anwendbar sein, denn was ICH benutze, kann DIR schon wieder überhaupt nicht passen. In eigene Recherche investieren hingegen ist immer lohnenswert, weil es davon befreit, auf andere hören zu ‚müssen‘ Wissen macht frei. 🙂
Korrekt. Aber wenn Karin Hasskommentare oder in ihrem Freundeskreis als Möchtegernarzt zu diesem Thema tituliert wird da frage ich mich schon um was handelt es sich hier? Ein Nahrungsergänzungsmittel? Etwas ganz Aussergewöhnliches? Neugierde ist keine Unart. Und von Kopieren war nie die Rede. Sie macht es halt sehr spannend 🙂 Und wenn einigen Menschen damit geholfen werden kann umso besser. Schätze keinen so naiv ein jemandens Pflege 1:1 zu kopieren.
Ahhhh, verstehe. Bin nicht so auf dem neuesten Stand anscheinend, was die Rückmeldungen auf das potenzielle Geheimnis angeht, aber ich kann mir kaum vorstellen, das irgendein e Einzel-Maßnahme, und wenn es ein NEM wäre, die Losunz
(sorry Karin, zu früh abgeschickt!!)
Lösung aller Probleme wäre und das Allheilmittel.
Ich kann mich noch erinnern, dass sie bereichtet hat, wie letzten Endes die UmStellung auf reizarme Wirkstoffkosmetik den Ausschlag gegeben hat zur Verbesserung der Akne-Problematik auf jeden Fall, aber das ist ja für jeden bestimmt leicht nachzulesen beim Zurückblättern im Blog.
Und sonst ist es – aus Bloggersicht, weiss ich selbst von mir – sehr befremdlich, wenn einem ein Leser schreibt, dass man ihm „was schulde“. Hoffentlich war das mit einem Augenzwinkern gemeint, denn falls nicht…ähm ich sag nur: Das wäre ja wie eine Frauen Zeitschrift im Abo zu beziehen, ohne dafür zahlen zu müssen und dann noch in der Redaktion anzurufen und Stunk zu machen, wann endlich der von einem gewünschte Artikel kommt 😛
Das mit dem ‚Sensitiv‘-Werbeversprechen kenne ich. Dessen Opfer bin ich auch schon geworden. Mittlerweile habe ich ehrlich gesagt gar keine Lust mehr in die Drogerie zu gehen, um mich nach neuen Produkten umzuschauen. Da geht gefühlt immer ein halber Tag drauf nur um die Inhaltsstofflisten zu lesen und zu überlegen was ich vertragen könnte. 🙈
Hallo Karin,
vielen Dank für den tollen und sehr informativen Beitrag!
Du bist uns gar nichts schuldig, und ich bin froh und sehr dankbar, dass es dich und InnenAussen gibt!
Viele liebe Grüße aus Bamberg ☺
Super Artikel, danke dafür! Ich stehe oft vor der Auswahl an Hautpflegeprodukten und bin vollkommen irritiert. Im Freundeskreis höre ich auch oft, dass Marketing Claims zur Kaufentscheidung beitragen: man mag/kennt die Marke, etwas ist neu oder aktuell sehr präsent (Assmbeauty, Hello Body). Deinen letzten Punkt höre ich auch oft: am Anfang wird es immer schlimmer! Ich kann nicht nachvollziehen, wie man etwas Hautreizendes immer wieder benutzen kann.
Ich habe ganz oft das Gefühl, dass dem Verbraucher kein tolles Produkt verkauft werden soll (und ja – ich würde jederzeit gerne Geld für gute wirksame Produkte ausgeben), sondern dass einfach nur überlegt wird mit welcher Marketingmasche man den Leuten das Geld aus der Tasche zocken kann.
Mit welchen Verklausulierungen ist man rechtlich im grünen Bereich aber der Anwender bereits über den Tisch gezogen – darum scheint es zu gehen.
Mich ärgert das total.
Mit dem richtigen Wissen zu einer früheren Zeit hätte ich mir und meiner Haut viel Leid ersparen können. Aber nein – ich bin ja so dumm und fall auf den ganzen Mist rein.
Du bist nicht allein, vor Jahren bin ich auch regelmäßig darauf reingefallen. Ich habe mir eine unausgeglichene Mischhaut herangezüchtet.